Dr. Fähsers Konzept, Infos, Neuigkeiten, Videos

Wissenswertes zum Konzept der naturnahen Waldnutzung nach dem "Lübecker Modell" und dessen Umsetzung auf kommunaler Ebene enthält das Infopaket "Unser Wald hat Zukunft" (auch als Download, 2,7MB)

Zum Forstwirtschaftsplan 2024 hat der Nabu Wegberg eine Stellungnahme und einen Vorschlag zur lokalen Umsetzung der naturnahen Waldbewirtschaftung abgegeben.



Dr. Fähsers Konzept:

Die Grundlagen zur Naturnahen Waldbewirtschaftung

Stadtwald Lübeck - das Konzept der naturnahen Waldnutzung

Seit rund einem Viertel-Jahrhundert werden Lübecks Wälder nach dem Konzept der „naturnahen Waldnutzung“ bewirtschaftet. In diesen 25 Jahren hat das auch Lübecker Konzept genannte Waldmanagement nicht nur viel Anerkennung im In- und Ausland gefunden, es hat sich auch der Wald nachhaltig verändert. Er ist naturnäher geworden und wirtschaftlich leistungsfähiger. Welche Ideen hinter dem Waldkonzept stehen, welche Maßnahmen erforderlich sind, welche Vorteile sich für Tier- und Pflanzenreich ergeben, wenn der Wald – in Teilen – sich selbst überlassen wird und was der Mensch davon hat, wurde ausführlich dokumentiert. Die einzelnen Aspekte der naturnahen Waldbewirtschaftung zeigen Videos.

Eine Zusammenfassung der Naturwald Akademie gGmbH:

Allgemeine und betriebswirtschaftliche Grundsätze der naturnahen Waldbewirtschaftung. (Quelle: Naturwald Akademie)

Papier der Europäischen Kommission zum Konzept der naturnahen Waldnutzung

Die "Guidelines on Closer-to-Nature Forest Management" vom 27. 7. 2023 beschreiben auf Seite 65 ff. (mit deutscher Übersetzung) das Lübecker Modell


Aus Naturschutz und Landschaftsplanung - Zeitschrift für angewandte Ökologie

Zusammenfassung: Die Risiken, die Kritiker in natürlicher Waldentwicklung sehen, sind unbegründet. Der Klimawandel ist nicht nur kein Hindernis für eine natürliche Entwicklung von Buchenwäldern, sondern macht diese besonders notwendig. Da die Menge an Laubholz weiter zunimmt, führt ein Nutzungsverzicht auf 5 % des Waldes weder zu einem Versorgungsnotstand noch zu übermäßigen volkswirtschaftlichen Kosten. Artikel aus Ausgabe 06/2017.

Presseschau

Ein taz-Artikel vom 19.8.23 erklärt, was dem Wald helfen könnte, klimaresilient zu werden:
Kranke Bäume retten, Bäume neu mischen, die Natur machen lassen, klüger jagen, Wasser im Wald halten, Waldinseln verbinden.

Über den Harz: Wer den Harz in früheren Jahren bereits hat, erkennt ihn nicht mehr wieder. Die ausgedehnten Fichtenwälder (angepflanzt für den Bergbau) sind großflächig verschwunden. Aber die Natur heilt sich selbst. Wie, beschreibt ein Artikel vom 23.8.23.

Zu Knut Sturm (Nachfolger von Dr. Lutz Fähser):

"Forstpraxis" (eine der Holzindustrie nahestehende Zeitschrift schrieb am 21. 4. 2023 über die Entlassung von Knut Sturm, dem Nachfolgers von Dr. Lutz Fähser:
ZITAT: Der Stadtwald von Lübeck ist in Forstkreisen seit vielen Jahren bekannt für sein „Lübecker Modell“, das für eine besonders extensive und vorratsreiche Bewirtschaftung steht. Der langjährige Bereichsleiter für den Stadtwald, Knut Sturm, wurde Ende März <23> von der Hansestadt überraschend fristlos entlassen.

UPDATE vom 2.5.2023: Einige bekannte Persönlichkeiten aus dem Forst- und Umweltschutzbereich haben in einem offenen Brief an die Stadt Lübeck gefordert, dem geschassten Forstbetriebsleiter Knut Sturm zumindest die Möglichkeit zu geben, seinen Nachfolger einzuarbeiten. Der zuständige Umweltssenator Ludger Hinsen sagte dazu aber: „Niemand geht davon aus, dass Herr Sturm die Stelle wieder besetzen wird.“ Die Hauptverhandlung in diesem Fall vor dem Arbeitsgericht wurde bereits für den 12. Juli 2023 angesetzt. Das Nachbesetzungsverfahren für die vakante Stelle wird bis zu diesem Zeitpunkt vermutlich noch nicht abgeschlossen sein.

Einige Details zu den Gründen wurden bei einer Anhörung vor dem Arbeitsgericht am 14.4.23 bekannt: So soll er geringe Mengen Schnittholz und Jungpflanzen unentgeltlich abgegeben haben, ungenehmigt im Homeoffice gearbeitet haben, und dabei dienstliche Daten auf seinem Privatrechner verarbeitet haben. Zudem soll es Unregelmäßigkeiten bei der Beschäftigung zweier Mitarbeiter gegeben haben. Für den juristischen Laien mögen das alles Kleinigkeiten sein, arbeitsrechtlich können daraus aber schwere Stolperfallen entstehen. ZITAT ENDE.
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Am 24. 8. 23 berichtete die Pressestelle der Hansestadt Lübeck in einer Presseerklärung:
Lübecker Waldkonzept hat weiter Bestand - Stadt Lübeck dankt Knut Sturm für herausragende Arbeit im Rahmen des Waldprojekts

ZITAT: Seit rund einem Vierteljahrhundert werden Lübecks Wälder nach dem Konzept der „naturnahen Waldnutzung“ bewirtschaftet.

Der langjährige Bereichsleiter des Lübecker Stadtwald Knut Sturm und die Hansestadt Lübeck haben sich beruflich in gutem Einvernehmen voneinander getrennt. Die Stadtverwaltung dankt Knut Sturm für seine herausragende wissenschaftliche Arbeit und Fachkompetenz im Rahmen des Lübecker Waldprojekts.

Auch wenn sich die beruflichen Wege beider Parteien zukünftig trennen, wird das weltweit vorbildliche Lübecker Waldkonzept des Stadtwaldes nicht in Frage gestellt. Die Hansestadt Lübeck wird das Konzept konsequent weiterverfolgen. Aktuell beabsichtigt sie weitere 50 Hektar nach dem Modell neu aufzuforsten.

Alle Mitarbeitenden stehen hinter dem Konzept und leisten als Team im Stadtwald engagierte Arbeit. Auch die Politik in Lübeck steht bisher ungebrochen hinter dem Konzept, erst Recht vor dem Hintergrund der Bekämpfung des Klimawandels.

Seit rund einem Vierteljahrhundert werden Lübecks Wälder nach dem Konzept der „naturnahen Waldnutzung“ bewirtschaftet. In diesen 25 Jahren hat das auch Lübecker Konzept oder integrativer Prozessschutz genannte Waldmanagement nicht nur viel Anerkennung im In- und Ausland gefunden, es hat sich auch der Wald nachhaltig verändert. Er ist naturnäher geworden und wirtschaftlich leistungsfähiger. Der Lübecker Stadtwald steht aufgrund seines Waldkonzeptes nicht nur im Fokus von Wissenschaftler:innen und Studierenden sondern auch Waldexpert:innen aus dem In- und Ausland interessieren sich für die besondere Art der Waldbewirtschaftung.
Mehr Informationen unter www.luebeck.de/stadtwald
ZITAT ENDE


Lübecker Modell auch am Niederrhein?

Am 13.10.2023 berichtet die RP über die Initiative einer Ratsfrau, der Bewahrung und Entfaltung der Vielfalt der natürlichen Biodiversität und die Aufrechterhaltung der vielfältigen Funktionen des Waldes oberste Priorität zu gewähren. Dazu soll das Lübecker Modell für Wald in Neukirchen-Vluyn eingeführt werden.


Neuigkeiten

Aachen. Am 23. 8. 2023 hat der Rat der Stadt Aachen, einem Antrag von 6 Ratsparteien folgend, waldbauliche Anpassungen zur Stärkung der Klimaresilienz und der Biodiversität beschlossen. Die Stadt Aachen, deren Forsten bereits seit 2003 die FSC Zertifizierung besitzen, orientiert sich dabei an den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen (z. B. zu eintretenden Klimaszenarien, zur Resilienz heimischer Waldökosysteme oder zu Schaderregern an heimischen Baumarten) und passt diese Vorgabe bei Bedarf an. Sie orientiert sich dabei am sog. "Lübecker Modell", entwickelt von Dr. Fähser. Zur Erreichung der Ziele wurden die nachfolgenden waldbaulichen Grundsätze festgelegt.

1. Mehr Naturwaldentwicklungsflächen: Der Anteil nicht bewirtschafteter Waldflächen wird auf mindestens 10 % der Waldfläche erhöht. Diese Wälder sollen sich langfristig zu Naturwäldern entwickeln. Der Nutzungsverzicht auf diesen Flächen wird rechtlich gesichert.

2. Mehr Totholz: Das städtische Biotop- und Totholzkonzept ist integraler Bestandteil der städtischen Biodiversitätsstrategie. Totholz gilt als „Urwaldelement“ in unseren Wirtschaftswäldern und bietet Lebensraum für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten. Die Erhöhung des Totholzanteils bleibt daher ein wichtiges Ziel unserer Waldwirtschaft. Dabei wird die im FSC-Standard verwendete Formulierung von „durchschnittlich zehn Biotopbäume je Hektar“ erweitert durch die Formulierung „durchschnittlich zehn Prozent der oberirdischen Baummasse je Hektar, bezogen auf die Strukturelemente Biotopbäume und Totholz“.

3. Erhöhung des Laubwaldanteils / beschleunigte Umwandlung des Nadelwaldes: Die vordringlichste und herausforderndste Aufgabe für die Stadt Aachen stellt die Umwandlung von Fichtenwäldern in klimastabile Laub- und Laubmischwälder dar.

Geeignete waldbauliche Mittel zur Erhöhung des Laubwaldanteils sind u.a.:

* der Voranbau von schattenertragenden, vorwiegend heimischen Baumarten (z. B. Rotbuche)

* die Förderung von Laubbäumen in Nadelholz-Laubholz-Mischbeständen durch Pflegeeingriffe in allen Altersstadien (z. B. Jungbestandspflege, Durchforstung)

* die Wiederaufforstung von Freiflächen mit Laubbäumen, sofern in der Folgegeneration eine Dominanz von Nadelbäumen zu erwarten ist (s. hierzu auch Punkt 7). Um diese Waldumwandlung in einem kürzeren Zeitraum abzuschließen, soll die Nutzung von Fichtenwäldern unter Einhaltung der guten fachlichen Praxis intensiviert werden.

4. Weitere Steigerung des Laubholzvorrates: Die Holzvorräte unserer Laubwälder sollen entgegen einer zuwachsoptimierten Vorratshaltung weiter steigen. Die Nutzung von Laubholz soll daher im zehnjährigen Mittel 40 % des Zuwachses nicht überschreiten. Diese Festsetzung soll spätestens nach 20 Jahren überprüft und auf Basis der gesammelten Erfahrungen angepasst werden.

5. Buchenwaldbewirtschaftung nach dem „Lübecker Modell“: Buchenwaldkomplexe mit einem Buchenanteil von über 80 Prozent werden trotz der zu erwartenden Risiken für die Rotbuche zukünftig in Anlehnung an das Lübecker Modell bewirtschaftet. Kennzeichnend für diese Art der extensiven Waldbewirtschaftung ist unter anderem der Nutzungsverzicht in der so genannten Qualifizierungsphase (bis ca. 20 cm Brusthöhendurchmesser) und der Phase der Vorratsanreicherung (ab ca. 40 cm Brusthöhendurchmesser). In Mischbeständen sollen – in Anlehnung an das Konzept des adaptiven Waldmanagements – trockenheitsertragende, heimische Mischbaumarten (z. B. Stiel- und Traubeneiche) gefördert und damit erhalten werden.

6. Einzelstammentnahme im Laubwald: Zur Entwicklung dauerwaldartiger Strukturen werden in Laubwäldern hiebsreife Bäume einzelstammweise in Form einer Zieldurchmesserernte genutzt (synonym: Zielstärkennutzung). Bei der Holzernte ist besonderer Wert auf den Erhalt von Biotopbäumen und stehendes Totholz zu legen.

7. Naturverjüngung „first“: Die Naturverjüngung hat grundsätzlich Vorrang vor der Pflanzung. Stellt sich innerhalb der gesetzlich vorgegebenen Frist kein Wald ein, sind Freiflächen vorwiegend mit heimischen und nach heutigem Kenntnisstand klimaresilienten Baumarten aufzuforsten. Dabei ist der natürlichen Sukzession Raum zu geben. Außerdem soll, wo möglich und sinnvoll, auf die Saat und die Nutzung heimischer Wildlinge zurückgegriffen werden. Diese Verjüngungsverfahren ermöglichen eine noch bessere Anpassung der Baumarten an ihren jeweiligen Standort und tragen zum Erhalt der genetischen Vielfalt bei. Die Kulturen sind im erforderlichen Umfang (Minimumprinzip) durch Kultursicherungsmaßnahmen zu erhalten.Die Einbringung von nicht heimischen Baumarten aus dem europäischen Raum ist mit einem Anteil von bis zu fünf Prozent auf bisher nicht mit standortgerechten Baumarten bestockten Flächen möglich und unterstützt den Aufbau klimaresilienter Wälder.

8. Verbesserter Bodenschutz: Dem Schutz des Bodens räumt die Stadt Aachen einen hohen Stellenwert ein. Diesem Ziel wird einerseits durch eine weitere Extensivierung der Befahrung entsprochen, andererseits durch die verstärkte Ausnutzung technischer Möglichkeiten (bspw. Moorbänder auf Forwardern, Seiltechniken). Des Weiteren besteht die Absicht, den Einsatz von Rückpferden auszudehnen.

9. Bejagung erforderlich: Zum Erhalt und zur Weiterentwicklung eines klimastabilen Waldbestandes ist eine den Biotopkapazitäten angepasste Wilddichte unabdingbar. Diese ist durch geeignete Jagdmethoden sicherzustellen.
(Quelle: Ratsinfo Stadt Aachen)


Videos

Wie der Klimawandel den Wald beeinflusst und welche Rolle der Wald beim Klimaschutz spielt, erklärt Herr Dr. Fähser in diesem Video


Forstnutzung und Klimawandel haben dazu geführt, dass wir die Wälder zunehmend überfordern und viele Bäume absterben. Dass Ökonomie und Ökologie sich nicht ausschließen müssen, zeigt der Lübecker Wald. Wie das Konzept funktioniert und auch auf andere Regionen angepasst werden kann, erklärt der deutschlandweit geschätzte und anerkannte Waldexperte Dr. Lutz Fähser. in diesem Video vom 7. Juni 2022.