Vor 10 Jahren beschloss die Stadt Wegberg als eine der ersten Kommunen sich den Herausforderungen des Klimawandels auch auf kommunaler Ebene zu stellen und beauftragte die Erstellung eines Klimaschutzkonzeptes für Wegberg.
Der folgende Text soll darstellen, was seitdem geschehen ist und
den aktuellen Stand des kommunalen Klimaschutzes in Wegberg widerspiegeln.
Im März 2011 beauftragte der Rat der Stadt Wegberg die Verwaltung mit der Erstellung eines Klimaschutzkonzeptes sowie einer CO2-Bilanz für die Stadt Wegberg [ VO/1753/11]. Hierbei ging es auch um eine Bestandsaufnahme des Energieverbrauches in Wegberg. Also konkret: Welche Sektoren wie Haushalte, Industrie oder Verkehr, verbrauchen wie viel CO2. Diese Zahlen aus dem damaligen Bericht sind bis heute die einzigen belastbaren Zahlen zum Thema Energieverbrauch in Wegberg. Eine entsprechend neuere Aufstellung gibt es Stand August 2021 nicht.
Aufbauend auf den Zahlen hatte das Klimaschutzkonzept einen Maßnahmenkatalog bis Ende 2020 enthalten. Dabei definierte das Konzept für die verschiedenen Sektoren (Haushalte, Industrie, usw.) jeweils Einsparziele sowie Maßnahmen, diese Ziele zu erreichen. Insgesamt hätten mit diesen Maßnahmen ca. 83.000 t CO2 pro Jahr eingespart werden können . Im folgenden werden kurz die einzelnen Maßnahmen beschrieben sowie der aktuelle Stand der Umsetzung.
Für die Verwaltung schlägt das Klimaschutzkonzept eine ganze Reihe von Maßnahmen vor, um die Klimaschutz im alltäglichen Verwaltungshandeln überhaupt umsetzen zu können. Die Punkte lauteten im einzelnen:
Unseres Wissens nach wurde keine dieser Maßnahmen ergriffen oder weiterverfolgt. Besonders hervorzuheben ist hierbei der erste Punkt, mit dem auch die Schaffung der Stelle eines Klimaschutzmanagers gemeint ist, der explizit mehrfach im Klimaschutzkonzept gefordert wird (siehe hierzu auch Kapitel " Klimaschutzmanager").
Weitere Punkte, die direkt von der Stadt hätten umgesetzt werden können und sollten sind:
Hierzu führt die Verwaltung am 01.09.2020 aus:
"Aktuell gibt es nur wenige belastbare Daten, die einen Vergleich zu den Grundlagen des Klimaschutzkonzeptes und der damaligen CO2-Bilanz zulassen. Der derzeitige Rückgang der CO2-Emmission in den Sektoren private Haushalte, Wirtschaft und Mobilität für Wegberg ist nicht bekannt. Für den Bereich der kommunalen Liegenschaften kann auf Anfrage der über die Jahre aufgerechnete Wert der CO2-Einsparung mitgeteilt werden."
"Für das Klimaschutzkonzept und die CO2-Bilanz gilt das Bezugsjahr 2011 bei einer CO2-Gesamtemission des betrachteten Systems (öffentl. Liegenschaften, private Haushalte, Gewerbe/Handel/Dienstleistungen, Industrie, Verkehr) von 229.000 t/a.
Ziel war eine Minderung um insgesamt 62.000 t/a. In der Summe übertrifft die CO2-Ersparnis im Jahr 2020 mit ca. 2.787 t/a das im Jahr 2011 prognostizierte Einsparpotenzial für die kommunalen Liegenschaften (930 t/a) deutlich, so dass in diesem Bereich die Ziele des Klimaschutzkonzeptes erreicht wurden." Zitat Ende
Auf
eine Anfrage legte die Verwaltung am
1.06.2021 für 2019/2020 eine
CO2-Bilanzierung für die städtischen Einrichtungen vor. In 2019 betrug danach der
CO2-Ausstoss 1700 t und 2020 1800 t gegenüber 4000 t in 2011.
Des weiteren rüstet die Stadt Wegberg nach und nach die Straßenbeleuchtung auf LED-Technik um, was 2013 im Klimaschutzkonzept noch nicht erwähnt wurde, aber im Sinne des Energiesparens einen klimafreundlichen Effekt hat.
Von weiteren Maßnahmen, wie einem klimafreundlichen Modellprojekt ist nichts bekannt. Da es innerhalb der Verwaltung keine Stelle gibt, die sich um das Thema Klimaschutz dediziert kümmert, kann davon ausgegangen werden, dass auch tatsächlich wenig passiert ist.
Abgesehen vom ersten Punkt der Energieberatung (siehe Kapitel Energieberatung) ist hier aus unserer Sicht nichts passiert.
Am 2.09.2021 gab es einen Antrag der Fraktion "Die Grünen" bestimmte Klimaschutzmaßnahmen von Privathaushalten zu fördern. Z.B. PV-Ausbau, Wechsel zu Ökostrom, Anschaffung von Lastenrädern. Dieser Antrag wurde in der Ausschusssitzung vom 23.11.2021 behandelt.
Das Klimaschutzkonzept sieht vor, die zugrunde liegenden Zahlen und Konditionen regelmäßig anzupassen und es somit aktuell zu halten. Ein aktuelles Konzept ist eine gute Basis, um daraus Maßnahmen abzuleiten und auch Voraussetzung zur Erlangung staatlicher Fördermittel für den Klimaschutz. Zur Fortschreibung gab es zwar mehrere Anfragen und Ratsbeschlüsse (zuletzt 17.12.19), die aber nicht umgesetzt wurden. Am 29.06.2021 wurde die Fortschreibung endgültig ad acta gelegt. Es soll der Fokus auf das Thema "Nachhaltigkeit" gesetzt werden.
Für kommunalen Klimaschutz werden u.a. Fördermittel der Bundesregierung bereitgestellt. Diese sind jedoch in der Regel an Auflagen geknüpft. Z.B. Zeitliche Befristung, aktuelles Klimaschutzkonzept. Für energetische Sanierungen bei öffentlichen Gebäuden und andere Maßnahmen konnten bereits in erheblichem Umfang Fördermittel genutzt werden. Weitere Projekte, wie z.B. Mobilstationen, werden bis zu 100% durch Fördermittel realisiert.
Zusätzliche Fördermittel werden von der Landesregierung zur Verfügung gestellt.
Aus dem ebenfalls mit Fördermitteln erstellten Klimaschutzkonzept hätten für einen bestimmten Zeitraum weitere erhebliche Bundes-Fördermittel, z.B. für einen Klimaschutzmanager, in Anspruch genommen werden können. Da kein aktuelles Konzept existiert, stehen diese staatliche Fördermittel für den kommunalen Klimaschutz nicht zur Verfügung.
Förderungen unter dem Begriff "Landfolge Rheinisches Revier" , die auch Wegberg beanspruchen kann, zielen eher in Richtung Nachhaltigkeit.
Ein Klimaschutzmanager (Berufs-ID: 93268 der Arbeitsagentur) wird im Klimaschutzkonzept als unverzichtbar angesehen, um es zielführend umzusetzen, bzw. die Umsetzung zu überwachen. 2014 wurde die Umsetzung des Klimaschutzkonzeptes sowie der Aufbau eines Klimaschutz-Controllingsystems beschlossen. Aufgrund der angespannten Haushaltslage wurde kein Klimaschutzmanager neu eingestellt, stattdessen die Aufgaben des Klimaschutzes an verschiedene Fachbereiche delegiert und ein Mitarbeiter der Verwaltung als Klimaschutzmanager benannt. Die Verwaltung konstatierte allerdings Ende 2020, das hierdurch Klimaschutz nur unzureichend wahrgenommen werden kann. Auch die neue Personalstelle eines Nachhaltigkeitsmanagers kann hier keine Abhilfe schaffen, da Klimaschutz kaum in dessen Aufgabengebiet fällt und er die Aufgaben eines Klimaschutzmanagers nicht übernehmen kann. (Siehe Seite 5 KoMoNa-Richtlinie vom 28.10.2020).
Es gab im Laufe der Jahre mehrere Versuche, eine neue Personalstelle für einen Klimaschutzmanager einzurichten, am 02.03.2021 wurde darauf zugunsten eines "Nachhaltigkeitsmanagers" verzichtet.
Inspiriert von den Protestaktionen der Fridays for Future Aktivisten gab es 2019 einen Vorstoß, den Klimanotstand auszurufen. Auszüge aus der Rede von Bürgermeister Stock in der Ratssitzung am 09.07.2019:
„Das Thema Klimawandel und auch Klimanotstand ist zurzeit in vieler Munde. ...
... Und deswegen debattiert auch heute der Rat der Stadt Wegberg über dieses Thema; nicht nur wegen des Antrags der Fraktion B90/Die Grünen, sondern auch deshalb, weil die jungen Menschen aus Wegberg dies fordern.
Bei der Ausrufung des Klimanotstands soll es nicht darum gehen, die Menschen zu bevormunden. Es geht vielmehr darum, dass Rat und Verwaltung sich bewusst machen, dass ihr Handeln eine Auswirkung auf das Klima, oder besser auf den Klimawandels hat. Nicht mehr und auch nicht weniger.
Also, liebe Kolleginnen und Kollegen: Haben Sie keine Angst, auch mal symbolisch zu entscheiden. Trauen Sie sich!“
Die Beschlussempfehlung der Verwaltung wurde jedoch mit der Mehrheit von 20 Stimmen (CDU, Aktiv für Wegberg, FDP, Freie Wähler) gegen 13 Stimmen (Bürgermeister, SPD, Bündnis90/Die Grünen, Die Linke) abgelehnt
Monatelange Versuche einer Einigung über einen gemeinsamen Beschluss zum Klimaschutz scheiterten.
Am 17.12.2019 wurden zwei Beschlussentwürfe zur Entscheidung vorgelegt. 7 Punkte wurden mit 21 Stimmen von CDU, Aktiv für Wegberg, FDP, Freie Wähler angenommen, die ergänzenden Vorschläge fanden nur Zustimmung von 13 Stimmen: BM,SPD, Bündnis90/Die Grünen, Ratsfrau Dahmen-Langela und wurden entsprechend abgelehnt. Der angenommene Beschluss lautet:
1) Der Rat der Stadt Wegberg bekennt sich zu den Klimazielen der Bundesrepublik Deutschland und der EU.
2) Der Rat der Stadt Wegberg erkennt an, dass die Veränderung des Klimas auch in Wegberg ernsthafte Maßnahmen erfordert, um diese Ziele zu erreichen.
3) Der Rat der Stadt Wegberg erklärt seinen Willen, die Stadt ganzheitlich klimagerecht zu entwickeln. Klimaschutz führt zu Lebensqualität.
4) Der Rat der Stadt Wegberg erklärt seinen Willen, die Belange des Klimaschutzes in gleichem Maße zu beachten, wie die des Umwelt- und Naturschutzes, der sozialen Sicherung der Bürgerinnen und Bürger sowie das Funktionieren des Wirtschaftsstandortes.
5) Der Rat der Stadt Wegberg setzt auf tatsächlich wirksame und zielführende Maßnahmen. Er setzt darauf, Maßnahmen zur Klimafolgen-Anpassung eine breiten Öffentlichkeit näher zu bringen und Menschen zum Mitmachen zu bewegen. Er lehnt bloße Symbolpolitik, Verbote, Bevormundung und Aufwuchs von weiterer Bürokratie ab.
6) Die Stadt Wegberg beteiligt sich aktiv an einem vom Landrat des Kreises Heinsberg initiierten Verfahren für eine klimagerechte Stadtentwicklung (citizenship for future). Das auf Kreisebene bestehende Gremium soll die Herausforderungen des Klimawandels auch für Wegberg diskutieren und der Politik Vorschläge für eine klimagerechte Stadtentwicklung machen.
7) Das bereits vorhandene Klimaschutzkonzept soll fortlaufend angepasst bzw. weiterentwickelt werden. Dem zuständigen Fachausschuss bzw. dem Rat wird 2 x jährlich über durchgeführte und geplante Maßnahmen berichtet.
8) Spätestens zur Ratssitzung im Februar 2020 schlägt die Verwaltung fünf Maßnahmen aus dem Klimaschutzkonzept vor, die bis zum 30.09.2020 umgesetzt werden können.
Eine Umsetzung erfolgte jedoch nicht. Am 29.06.2021 wurden diese Beschlüsse durch einen neuen Ratsbeschluss gegen Punkt 7) de facto aufgehoben. Es soll nun verstärkt eine Orientierung zum Thema "Nachhaltigkeit" erfolgen.
Eine Verbraucherberatung ist eine der Maßnahmen aus dem Klimaschutzkonzept. Es existieren verschiedene Anbieter. Z.B. gab es zeitweise eine Verbraucherberatung durch den regionalen Netzbetreiber NEW, mit mäßigem Zuspruch. Eine Anbieter-unabhängige Verbraucherberatung bietet u.a. die Verbraucherzentrale NRW an. Seit Anfang 2020 laufen Bemühungen. einen lokalen Beratungsstützpunkt nach dem Vorbild von Erkelenz im Rathaus einzurichten. Auch zum PV-Ausbau besteht zwar Beratungsbedarf, aber noch kein lokales Beratungsangebot. Am 28.8.21 wurde bekannt, dass im Rathaus ein Raum für Beratungen der Verbraucherzentrale zur Verfügung steht. Mit dem Start des Beratungsangebots ist also in absehbarer Zeit zu rechnen.
Klimaschutz und Klimafolgen-Anpassung spielt bei der Planung von Bauvorhaben eine wichtige Rolle. Über Planungsaspekte bei Bauvorhaben wurde am 20.04.2021 verhandelt.
Für Grundstücksgrößen soll keine Zielvorstellung festgelegt werden.
Eine Straßenbreite von mindestens 7,0m soll für die Erschließungswege zukünftiger Plangebiete vorgesehen werden.
Zum Bau von PV-Anlagen oder Vorgaben, die einen späteren Ausbau ermöglichen (PV-ready), verzichtet die Verwaltung "aufgrund der stetigen und rasanten Weiterentwicklung der technischen Möglichkeiten" darauf, ihren Handlungsspielraum auszuschöpfen und lehnt Vorgaben zu Solaranlagen oder/und zur Nutzung regenerativer Energien ab. Man setzt auf Freiwilligkeit und verweist auf externe Beratungsangebote.
Bei öffentlichen Grünflächen soll keine Zielvorstellung festgelegt werden, da die Voraussetzung in Bezug auf die vorhandenen Einrichtungen in jedem Baugebiet einzeln zu prüfen sind.
Zur Unterbindung von „Schotter-Vorgärten“ sollen Festsetzungen in künftige Planungen einfließen.
Für Flachdächer bis zu 5° Dachneigung sollen Vorgaben zur Dachbegrünung in künftige Planungen einfließen.
In den Stellenplan-Beratungen zum Haushaltsplanentwurf Feb. 2021 wurde einerseits wiederum ein Klimaschutzmanager gefordert, in einem alternativen Antrag der CDU/SPD ein Klimaschutzmanager oder Nachhaltigkeitsmanager. Die Entscheidung am 02.03.2021 fiel, aufgrund der angekündigten Fördermöglichkeit, (siehe KoMoNa-Richtlinie vom 28.10.2020), zugunsten eines Nachhaltigkeitsmanagers aus. Bürgermeister Stock erklärte dazu:
“Für mich ist Nachhaltigkeit wesentlich vielschichtiger und umfassender als allein das Thema Klimaschutz, weil es gleichrangig die Facetten Gesellschaft, Mobilität, Wirtschaft und Bürgerschaft betrachtet.”
Der Begriff wird erwähnt in einer Sitzung vom 17.12.2019. In den Beschlüssen zum Klimaschutz heißt es: "... Maßnahmen zur Klimafolgenanpassung einer breiten Öffentlichkeit näher zu bringen und Menschen zum Mitmachen zu bewegen.
Am 15.12.2020 wird konstatiert, dass Blühwiesen zwar keinen Vorteil für eine CO²-Einsparung bringen, jedoch Bestandteil der Klimaanpassung seien.